Dezember 2018
18. Dezember 2018
Rede zur Verleihung des Umweltpreises 2018
Umweltpreis 2018 – vergeben am 12.12.2018
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde des Bund Naturschutz, sehr geehrte Vertreter der Hofer Tafel und der Foodsharing Initiative in Hof, Herr Langheinrich, Herr Dörner und Frau Hartung-Neumann,
heute verleihen wir zum 29. Mal unseren Umweltpreis – den Umweltpreis 2018.
Eine lange Tradition seit nunmehr 1989. Und immer haben wir herausragende Beispiele aus unserer Gegend geehrt. Sehen Sie diese Baumwolltasche. Sie stammt aus dem Jahr 1988. Ich habe sie beim Aufräumen in unserer Scheune gefunden. Was hat diese Tasche mit unserem heutigen Umweltpreisträgern zu tun, werden sie sich fragen. 1988 war das der Auftakt für die Aktion „Wegwerftüten – Nein Danke“ – Die Große BN Mitgliederwerbeaktion. Der erster BN Umwelt- Preisträger war 1989 die Stadtsparkasse Hof für die Ausgabe von Baumwolltragetaschen statt Plastiktüten an die Kundschaft. An diesem Beispiel sehen wir das viele Leistungen der Ausgezeichneten heute bereits selbstverständlich und uns allen in Fleisch und Blut übergegangen sind. Gerade das Beispiel der Plastiktüten zeigt aber die immer währende Aktualität. Plastikmüll, der die Weltmeere zu ersticken droht ist das Thema, dass uns zur Zeit und in nächster Zeit noch sehr stark beschäftigen wird. Und es zeigt, dass es einen langen Atem braucht, vernünftige Lösungen zu finden und auf Dauer umzusetzen. Und wir Deutschen neigen dazu, uns hier maßlos zu überschätzen. Wir sind keine Vorreiter in Sachen Umweltschutz bzw. Klimaschutz. Wir sind eher Mitläufer. So ist Deutschland im internationalen Ranking von 60 Plätzen von Platz 22 in 2017 dieses Jahr auf Platz 27 gefallen. Lettland, Marokko und Schweden liegen hier vorne. Hätten sie das vermutet?
2017 haben wir den Umweltpreis an die Trägergemeinschaft Blühstreifenprojekt Unterhartmannsreuth vergeben. Ein Projekt dass die langfristige Schaffung und Erhaltung von Blühstreifen entlang von landwirtschaftlich genutzten Ackerflächen in und um Unterhartmannsreuth umgesetzt hat und durch die Vernetzung der Blühstreifen den Biotopverbund optimiert hat. Ein klassisches Artenschutzprojekt.
Im Bereich der ökologischen Verwendung und Verwertung unserer Lebensmittel haben wir 2016 die Gemeinde Döhlau ausgezeichnet. Die Gemeinde Döhlau – so die damalige offizielle Begründung – hat sich durch ihr herausragendes Engagement beim politischen Entschluss, nur noch Fleisch und Wurstwaren aus artgerechter Tierhaltung bei allen gemeindlichen Veranstaltungen zu verwenden, verdient gemacht.
Daher freue ich mich, dass wir in diesem Jahr wieder im Bereich der Lebensmittel gelandet sind. Diesmal aber unter einem ganz anderen Aspekt – dazu gleich noch ausführlicher.
Für den Umweltpreis 2018 wurden einstimmig durch den Vorstand der BN Kreisgruppe Hof zwei Preisträger bestimmt:
Die Hofer Tafel und das Foodsharing Hof
Über 940 Tafeln mit mehr als 2.000 Tafel-Läden und Ausgabestellen gibt es in Deutschland. Die Gründung der ersten Tafel war 1993 in Berlin.
Deutschlandweit engagieren sich ca. 60.000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer für die Tafeln.
Über 2.300 Fahrzeuge sind im Einsatz.
Die deutschen Tafeln unterstützen regelmäßig bis zu 1,5 Millionen bedürftige Personen, davon 30 Prozent Kinder und Jugendliche und 70 Prozent Erwachsene.
Und eine davon ist in Hof angesiedelt. Und keiner kann natürlich besser beschreiben, wie sie ihre Arbeit sehen als sie selbst, Herr Langheinrich. Deswegen darf ich von ihrer Internetseite zitieren – liebe Mitstreiter und Mitstreiterinnen der Hofer Tafel: „In Deutschland landet rund ein Viertel aller verfügbaren Lebensmittel im Müll, obwohl sie noch verzehrfähig sind. Gleichzeitig sind viele Menschen von Einkommensarmut betroffen oder bedroht. Die Hofer Tafel ist dabei eine Brücke zwischen Überfluss und Armut. Ehrenamtliche sammeln überschüssige, qualitativ einwandfreie Lebensmittel von Herstellern und Händlern und verteilen diese an bedürftige Menschen.“ Sicherlich kennen Sie alle die Diskussion um die Notwendigkeit der Tafeln. Ein so reiches Land wie Deutschland braucht solche Hilfsaktionen? Wird immer wieder die Frage gestellt.
Die Kernfrage, die sich uns stellt ist heute aber doch eine ganz andere. Und hier beziehe ich unseren zweiten Preisträger die „Foodsharing Initiative“ ganz bewusst mit ein. Die Kernfrage ist: Wie gehen wir mit der Überproduktion an Lebensmitteln um. Können wir uns es weiter erlauben in diesem Überfluss zu produzieren. Wie lange haben wir noch die Resourcen so zu wirtschaften. Wann beginnt der Prozess des Umdenkens. Essen, das den Berg an weggeworfenen Lebensmitteln in Deutschland anwachsen lässt: 18 Millionen Tonnen sind es jährlich, besagt eine Studie der Umweltorganisation WWF. Anfang der 80er Jahre bei meinem Studium in Berlin habe ich Nachhilfe in einer Familie gegeben. Der Familienvater ist jeden Samstag Mittag kurz vor Ladenschluss zum benachbarten Supermarkt gefahren und hat dort Lebensmittel, die kurz vor dem Ablauf des MHD waren, abgeholt. Für mich damals unfassbar was alles sonst im Müll gelandet wäre. Von Obst über Fertigpizza einfach Alles, was man sich vorstellen kann. Ich habe die Familie damals bewundert für ihr Engagement.
Und hier leisten Sie so unvorstellbar wertvolle Arbeit. Denken Wir kurz nochmal an mein Eingangsbeispiel mit den Baumwolltaschen. Wie lange hat es gebraucht bis die Diskussion um den Verzicht auf Plastiktüten nur im Ansatz kleine Erfolge trägt? Ich hoffe für uns alle, dass wir in der Diskussion zur unfassbaren Wegwerfmentalität deutlich schneller voran kommen als in diesem Beispiel.
Auf der foodsharing.de Seite können wir folgendes erfahren: „Wir sind eine Initiative, die sich gegen Lebensmittelverschwendung engagiert. Wir ‚retten‘ ungewollte und überproduzierte Lebensmittel in privaten Haushalten sowie von kleinen und großen Betrieben. Darüber hinaus verstehen wir uns als bildungspolitische Bewegung und fühlen uns nachhaltigen Umwelt- und Konsumzielen verpflichtet. Wir setzen uns unter anderem für einen Wegwerfstopp und gegen den Verpackungswahnsinn der Supermärkte ein. Mit diesen und anderen Themen sind wir auf Veranstaltungen oder in Medien präsent und starten eigene Aktionen.
Die Organisation unserer foodsharing-Community und unserer Aktivitäten läuft in erster Linie über die Online-Plattform foodsharing. Hier vernetzen und koordinieren sich die Lebensmittelretter*innen (Foodsharer/Foodsaver) in den einzelnen Städten und Regionen. Über die Plattform werden überregionale Themen, Veranstaltungen und Informationen veröffentlicht. Unsere foodsharing-Initiative entstand 2012 in Berlin. Mittlerweile ist sie zu einer internationalen Bewegung mit über 200.000 registrierten Nutzern*innen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und weiteren europäischen Ländern herangewachsen. Die Mitglieder der foodsharing-Community arbeiten ehrenamtlich und unentgeltlich. Die Initiative foodsharing ist und bleibt kostenlos, nicht kommerziell, unabhängig und werbefrei. Wir wollen die Plattform open source und weltweit leichter zugänglich machen – so wie es das foodsharing-Konzept des Lebensmittelrettens bereits ist.“
Und auch hier gibt es sie. In Hof. 2016 haben Sie, Herr Dörner, nach ihren Erfahrungen in Bayreuth hier begonnen.
„Foodsharing sei keine Konkurrenz zu den Tafeln. Man arbeite Hand in Hand.“ Wenn die Tafel oder sonst eine Einrichtung die Sachen abholt, freuen wir uns, weil die Lebensmittel durch uns nicht gerettet werden müssen.“ Haben Sie, Herr Dörner, in einem FP Interview letztes Jahr gesagt. Und besser kann man die Wahl der zwei Preisträger nicht ausdrücken. Miteinander handeln statt reden. Miteinander versuchen, die unglaubliche Überproduktion an Lebensmitteln in vernünftige Bahnen zu lenken. In diesem Sinne unserenPreisträgern herzlichen Glückwunsch verbunden mit unserem noch herzlicheren Dank an Sie alle.
Für die BN Kreisgruppe Hof – Ulrich Scharfenberg – 12.12.2018